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Vorbemerkungen zur Edition

Von großer Bedeutung für die Art der Annäherung an die Glossen und Interlinearversionen sind deren Editionen […] Das Editionsproblem ist flächendeckend kaum lösbar, da zu jeder Glossierung eigentlich der glossierte Text selbst mit seinen Glossen in ihrer genauen handschriftlichen Positionierung und nach Möglichkeit unter Berücksichtigung ihrer chronologischen Schichtung nach der jeweils glossierten Handschrift eigens herausgegeben werden müsste.[1]

Diese Zeilen aus der Feder von Ernst Hellgardt benennen das Problem jeder Edition der Textsorte Glosse in gedruckter Form, da die genaue handschriftliche Positionierung – für das Verständnis der einzelnen Note von großer Bedeutung – nicht und die chronologische Schichtung sowie der glossierte Grundtext entweder kaum oder nur teilweise wiedergegeben werden können. Dies war der Grund, weshalb für die Edition der St. Galler Orosiusglossen von Anfang an eine synoptische Darstellung von transkribiertem Text und Faksimile anvisiert wurde. Dank der Stiftsbibliothek St. Gallen, die mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) das Projekt Codices Electronici Sangallenses ins Leben gerufen hat, ist der Cod. Sang. 621 seit September 2005 als Digitalfaksimile auf www.e-codices.unifr.ch öffentlich zugänglich. Jede Glosse der gedruckten Version der Edition kann über das Internet am Überlieferungsträger verifiziert und damit in ihrer Stellung zum Grundtext exakt ermittelt werden. Mit dem Ziel einer optimalen Verbindung der Online-Ressourcen mit dem Editionstext arbeitet die Herausgeberin seit Ende 2005 mit dem Informatiker Max Bänziger zusammen, der auf orosius.monumenta.ch die Edition synoptisch mit dem Digitalfaksimile verband, mit der nicht mehr urheberrechtlich geschützten Grundtextedition von Carl Zangemeister (CSEL 5, Wien 1882) verknüpfte und mit verschiedenen Suchfunktionen sowie mit Wortlisten versah (siehe auch monumenta.ch).

 

Folgende Grundsätze werden befolgt:

 

Abkürzungen und Ligaturen[8]

Sehr konsequent (auch im Wortinnern (dec&)) wurde die &-Ligatur verwendet. Die am häufigsten auftretenden Kürzungen stehen für -bus und -um/-am/-em.

 

Die Glossatorenhände beherrschten das folgende Abkürzungsrepertoire:

Folgende Ligaturen wurden verwendet:

 

Weder Scriptor noch Glossatoren hielten sich an ein eigenes und als solches einheitliches System, das Aussagen zur Unterscheidung der Hände zuließe. Orthographisch finden sich alle möglichen Varianten, wie der austauschbare Einsatz von -ph- und -f- (athaulphus – athaulfus)[9], von -z- und -s- (byzantii – bysantii)[10] sowie von Geminaten (belgica – bellgica)[11], die jeweils kurz nacheinander stehen, zeigt. In der Glossenedition sind geringfügige Abweichungen von den normalisierten Schreibweisen in den Orosius-Editionen auf der Stufe der unten aufgeführten Beispiele im Variantenapparat nicht vermerkt:

 

-ss-

=

-ds-

 (assumpsit

=

adsumpsit)

-n-

=

-m-

 (conpactus

=

compactus)

-y-

=

-i-

 (hystoriae

=

historiae)

-t-

=

-tt-

 (quatuor

=

quattuor)

a-

=

ha-

 (abitabilibus

=

habitabilibus)

-ae-

=

-oe-

 (paenam

=

poenam)

-t-

=

-th-

 (mitridates

=

mithridates)

-ti-

=

-ci-

 (pernities

=

pernicies)

 



[1] Hellgardt, Philologische Fingerübungen, S. 33.

[2] Siehe Eisenhut, Darstellungsteil, Kap. 4.4.

[3] Vgl. auch die Beschreibung der Hss. in Eisenhut, Darstellungsteil, Kap. 1.2.2. Appendix 2 [Karte] zeigt eine Übersicht der Provenienzen der ältesten Textzeugen. – Von den altenTextzeugen ist nur gerade Q ähnlich stark glossiert wie Cod. Sang. 621. Q ist in Eisenhut, Darstellungsteil, Kap. 3.4 als Leithandschrift der Gruppe B beschrieben worden. Der Textzeuge C aus Freising weist auf den ersten Seiten zahlreiche Glossen, u. a. auch ahd. Griffelglossen (Glaser, Griffelglossierung, S. 568−582), auf; die Zahl sinkt aber schnell. Dieses Charakteristikum ist auch für J zu beobachten, der auf f. 1r−3r stellenweise sehr dichtglossiert ist (siehe für beide Hss. erneut Eisenhut, Darstellungsteil, Kap. 3.4). Von den alten Orosiushandschriften, die Glossen tragen, ist keine mit Cod. Sang. 621 verwandt.

[4] Vgl. Parkes, Pause and Effect, S. 301−307 [Glossar], und Grotans, Reading, v. a. S. 238−245.

[5] Zu den e-caudata in den CsG vgl. Haefele, Untersuchungen I, S. 185f.

[6] Vgl. die Beschreibung der Schriftbildmerkmale in Eisenhut, Darstellungsteil, Kap. 4.2.5.

[7] Vgl. Grotans, Cues for reading, S. 291.

[8] Vgl. auch die Tabellen mit den «Formen der hoch- und spätmittelalterlichenAbkürzungen» bei Bischoff, Paläographie, S. 210-223. – Ebenfalls zum Vergleich beizuziehen sind die Abkürzungssammlungen bei Cappelli, Dizionario dei abbreviature, passim, und bei Lindsay, Notae Latinae, v. a. S. 495−500.

[9] Glossenedition zu Oros. 7,43,4 (336a18) und 7,43,6 (336b2).

[10] Glossenedition zu Oros. 3,13,3 (112b25) und 3,13,4 (113a4).

[11] Glossenedition zu Oros. 1,2,60 (42a2) und 1,2,66 (42b13).

[12] Vgl. Büren, Solin, S. 51.

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